Am 06.12.2018 lud die Eugen-Biser-Stiftung zur Pressekonferenz ein, um die Ergebnisse ihrer Bedarfsanalyse zur kommunalen Beratung zu islambezogenen Themen vorzustellen und die Beratungsstelle zu eröffnen.
Gibt es in Ihrer Kommune Muslime in der Feuerwehr? Diese Frage stellten Stefan Zinsmeister und sein Kollege Erdogan Karakaya immer wieder, als sie von April bis Juni 2018 durch Bayern fuhren und im Rahmen ihrer Studie kommunale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in sechzehn verschiedene Kommunen zur gegenwärtigen Situation im Umgang mit islambezogenen Themen interviewten. Doch wieso diese Frage? Für Stefan Zinsmeister ist sie ein Indiz für gelungene Teilhabe: „Wenn Muslime in der Feuerwehr sind, wie auch andere, dann zeigt sich, dass Teilhabe gelingt und jeder seinen Beitrag für das Zusammenleben leistet.“ Denn die Feuerwehr sei nicht nur ein Beispiel für ehrenamtliches Engagement in Kommunen, sie verkörpere auch eine Institution, die für die Sicherung des Zusammenlebens steht – unabhängig von Herkunft, Alter, Geschlecht oder Religion.
Dass ein solches Zusammenleben in der Praxis allerdings noch oft von Vorurteilen und Unsicherheiten geprägt ist, zeigen die Ergebnisse der Studie der Eugen-Biser-Stiftung anschaulich. Wie Prof. Dr. Hacı-Halil Uslucan in seinen Ausführungen erläuterte, ist das kein bayerischer Sonderfall, sondern eine in ganz Deutschland zu beobachtende Situation. Praktische Hilfestellung soll nun die neueingerichtet Beratungsstelle „Islamberatung in Bayern“ der Eugen-Biser-Stiftung liefern. In Kooperation mit der Robert Bosch Stiftung und dem Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa EZIRE bildet sie eine Anlaufstelle für Kommunen und muslimische Organisationen, um aufkommende Fragen zu klären und gemeinsam bedarfsgerechte Lösungsmöglichkeiten vor Ort zu entwickeln.
Besonders begrüßt wurde dieses Projekt von staatlicher Seite: so sieht Staatsminister Joachim Herrmann die Islamberatung als eine wichtige fachliche und vor allem auch praktische Hilfestellung für alle, die an Integrationsprozessen beteiligt sind: „Ich denke, dass eine fachlich fundierte und insofern neutrale Islamberatung einen wichtigen Beitrag zur gelingenden Integration leisten kann, indem Brücken gebaut werden.“
Auch von muslimischer Seite wurden die Wichtigkeit und Chancen einer solchen Beratungsstelle für muslimische Organisationen betont. So steht die muslimische Community oft vor einem doppelten Problem, wie Oguz Taşdelen aus Sicht der DITIB Jugend Bayern erklärte: die Jugendlichen wollen sich gerne engagieren und sich einbringen, wissen aber oft nicht wie und wo. Gleichzeitig werde dies von anderer Seite als Desinteresse und Isolierung muslimischer Jugendlicher gewertet. Besonders internationale Konflikte werden als Hindernisse nicht nur innerhalb der muslimischen Jugendverbände, sondern auch in ihrer Wahrnehmung von außen benannt. Gerade hier könne die Islamberatung helfen, gegenseitige Vorbehalte zu überwinden.
Auch Imam Dr. Benjamin Idriz, Imam am Islamischen Forum in Penzberg, freute sich über die Einrichtung der Islamberatung und betonte ihren wichtigen Ansatz des Brückenbauens: „Diese Stelle wird auch mit Moscheegemeinden kooperieren, das ist meine Hoffnung. Ich verstehe das auch als Brückenbauer zwischen der Mehrheitsgesellschaft, zwischen Kommunen und hoffentlich auch staatlichen Einrichtungen und mit der muslimischen Zivilgesellschaft.“
Mit der Robert Bosch Stiftung und dem Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa hat die Eugen-Biser-Stiftung in diesem Projekt zwei starke und kompetente Kooperationspartner an ihrer Seite. Für die Robert Bosch Stiftung gehören der gesellschaftliche Zusammenhalt und damit die Förderung von Teilhabe in einer vielfältiger werdenden Gesellschaft zu einem ihrer Förderschwerpunkte. Wie Ottilie Bälz in ihrem Grußwort ausführte, gehöre auch muslimisches Leben zu dieser Vielfalt, allerdings sind die Positionen in gesellschaftlichen Debatten hierzu oft kontrovers: „Manchmal werden Muslime als vermeintliche Ursachen für Probleme in unserem Miteinander ausgemacht, und dem gegenüber steht die Tatsache, dass Muslime und ihre Organisationen mit ihrem Engagement sehr wertvolle Beiträge für unsere Gesellschaft leisten.“ Dass gerade in Kommunen als Orte von tatsächlichem und praktischem Engagement, Fragestellungen und Unsicherheiten im Umgang miteinander auftreten können, ist der Robert Bosch Stiftung aus einem entsprechenden Projekt bekannt. Seit 2015 fördert sie die Islamberatung in Baden-Württemberg in enger Partnerschaft mit der Diözese Stuttgart-Rottenburg. In über 130 Fällen konnte das Team dort bereits vermitteln und sichtbare Ergebnisse für das Zusammenleben erzielen. So konnte die Islamberatung bspw. in Moscheebauprozessen eine konfliktfreiere Durchführung bewirken und Themenfelder wie die Einrichtung von Gräberfeldern bei der Umsetzung begleiten, wie Volker Nüske, Projektmanager der Robert Bosch Stiftung, ausführte.
Das Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa EZIRE unter Leitung von Prof. Dr. Mathias Rohe übernimmt mit zwei Mitarbeitern die wissenschaftliche Begleitung. Als Brückenbauer zwischen Wissenschaft und Praxis betonte Prof. Rohe die Chance, die Islamberatung auch als Informations- und Wissensplattform zu etablieren, an der notwendige Informationen für unterschiedliche kommunale Bereiche schnell, einfach und aktuell zur Verfügung gestellt werden.
Zum Abschluss stellte Ayşe Coşkun-Şahin, Beraterin im Team Islamberatung, Eugen-Biser-Stiftung, mit Stefan Zinsmeister und Andreas Prell das Team sowie Konzept und Ziel der Beratungsstelle vor und betonte den wichtigen Beitrag, den das Projekt zur Förderung von Vielfalt als demokratischen Wert leisten werde. Insgesamt war die Pressekonferenz zur Vorstellung der Bedarfsanalyse „Brückenbauer in Bayern“ und Einrichtung der Islamberatung in Bayern ein voller Erfolg. Der Presseclub war bis zum letzten Platz gefüllt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, muslimischen Organisationen sowie Vertreter und Vertreterinnen der regionalen Presse waren vertreten und folgten gespannt dem Fachvortrag von Prof. Uslucan sowie den Statements und Grußworten der Podiusmteilnehmer und -teilnehmerinnen. Das große Interesse zeigte sich auch deutlich in der darauffolgenden Berichterstattung.
Eine Auswahl der Berichterstattung finden Sie hier:
Berichterstattung zur Pressekonferenz "Vorstellung der Bedarfsfeststellung und Eröffnung der Islamberatung in Bayern" am 06.12.2018 (Auswahl)
B5 Interkulturelles Magazin. „Islamberatung in Bayern“. (04.01.2019)
Islamische Zeitung. „Biser-Stiftung startet Islamberatung für Kommunen in Bayern“ (12.12.2018)
kommunal.de „Bayerns Kommunen bekommen Islamberatung“ (10.12.2018)
Sonntagsblatt.de. „Neue Islamberatung für Bayern startet zum 1. Januar“ (09.12.2018)
BR24.de. „Islamberatung für Kommunen startet 2019 in Bayern“ (06.12.2018)
islamiq.de. „Islamberatung für Kommunen startet“ (06.12.2018) Online verfügbar: http://www.islamiq.de/2018/12/06/
(Fotoautoren: Eugen-Biser-Stiftung: Zinsmeister, Uslucan, Bälz, Taşdelen, Rohe, Coşkun-Şahin; Schwepfinger/PresseClub München e.V.: Herrmann, Idriz)